2020 – ein historisches Jahr wegen einer globalen Krise. Für mich das Jahr, in dem ich mich persönlich für einen grossen Schritt entschieden habe: Ab dem 1.1.2021 segle ich beruflich vollständig unter der Flagge GENNER.CC. Nach gut 10 Jahren Teilzeitanstellungen an der Zürcher Fachhochschule als Wissenschaftlerin und Dozentin (davor und nebenbei als Projektleiterin, Kommunikationsberaterin, Journalistin, Lehrerin und Doktorandin), ist die Zeit für mich reif, das berufliche Steuer vollständig in die eigene Hand zu nehmen.
Im Jahr einer globalen Pandemie diesen Schritt zu wagen, ist eine riskante Entscheidung. Sie bedeutet, ausgerechnet in einer Krisenzeit die Sicherheit aufzugeben, die eine Anstellung mit sich bringt: einen monatlich garantierten Lohn, bezahlte Ferien, Pensionskasse, Unfall- und Taggeldversicherung, AHV-Beiträge. Seit ich mich im Sommer 2018 zur Hälfte selbständig gemacht hatte, hat es mir grosse Freude bereitet, Projekte und Lehraufträge so aufzubereiten, wie ich es angesichts der Zielgruppe für richtig hielt. Ich hatte seither mehr Möglichkeiten inhaltlich zu arbeiten, weniger interne Abstimmung und Meetings mit Vorgesetzten, anderen Abteilungen, Marketing und Kommunikation. Ich hatte mehr Anfragen für Aufträge als Zeit. Nach gut zwei Jahren habe ich nun genügend Mut beisammen, um das Angestelltendasein ganz hinter mir zu lassen. 2020 hat zahlreiche Stärken und Schwächen digitaler Technologien gut fassbar aufgezeigt. Ohne digitale Technologien wäre die nationale Home-Office-Strategie unmöglich gewesen, der Hochschul-Betrieb wäre stillgestanden und noch mehr Betriebe hätten ohne Online-Handel ganz schliessen müssen. Wie gut hätten wir Kontakt halten können mit unseren Freundinnen und Freunden, Verwandten und Bekannten? Und gleichzeitig konnte Technologie die gravierenden gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-Krise keineswegs ausgleichen. Die SwissCovid-App wurde technologisch vorbildlich umgesetzt, hat aber gesamtgesellschaftlich kaum zur Bewältigung der Krise beigetragen. Analoge Tools wie Masken und Seife haben sich klar durchgesetzt. Und auch Digital-Enthusiastinnen und -Enthusiasten müssen zugeben: Videocalls ersetzen persönliche Treffen nicht wirklich. Persönlich blicke ich auf ein strenges, aber keineswegs schlechtes Jahr zurück: 🔐🗝️ Privat, geheim und digital verschlüsselt Bis Ende Februar lief im Stadthaus Zürich noch die Ausstellung «Privatsphäre», die ich gemeinsam mit Christian Ritter im Rahmen von Stadt Zürich Kultur und des Collegium Helveticum («Digital Societies») kuratiert hatte. An der Shift-Konferenz des Centre for Digital Responsibility sprach ich im Februar über die Ausstellung und das «Privacy Paradox» (siehe Video). Viele Länder kauften in der Schweiz Verschlüsselungsgeräte, um Staatsgeheimnisse ganz sicher zu übermitteln – und wurden über Jahrzehnte abgehört. Ohne Corona wäre die Crypto-Affäre zum Thema des Jahres geworden. Im Juli durfte ich mit zwei Grössen des Schweizer Journalismus, Res Strehle und Fiona Endres, über die SRG Bildungskommission einen Kurs zu Investigativjournalismus am Beispiel der Crypto-Enthüllungen anbieten. ✍️💻 Schreiben über Digitales Die 12-teilige Porträt-Serie Swiss Digital Pioneers für SWI swissinfo.ch schloss ich im Frühjahr ab. Meine Rezension des Buches «Schöne digitale Welt» erschien in der NZZ am Sonntag. 🧑🎓🧑💻 Bildung und Lehre zu Digitalthemen Mitte März kam der historische Einschnitt: Die Hochschulen mussten sofort schliessen und den Unterricht digitalisieren. Es begann das Seilziehen zwischen Zoom, Teams, BigBlueButton, Jitsi und Co. Meine zweistündigen Vorlesungen an der Universität St. Gallen liessen sich vergleichsweise leicht per Videokonferenz durchführen (besonders als dann Zoom doch noch erlaubt wurde). Besonders schwierig war es jedoch, ganze Kurstage zu digitalisieren – selbst im thematisch passenden PHZH-Pionier-Lehrgang CAS Digital Leadership in Education, den ich aufgebaut und co-geleitet habe. Die Kurstage vor Ort waren bereits so konzipiert, dass es sich für Schulleiterinnen und Lehrer lohnen würde, den Weg unter die Beine zu nehmen. Exkursionen und interaktive Workshops online durchzuführen, ist nicht trivial, aber die Teilnehmenden haben das glücklicherweise verstanden und grossartig mitgemacht. An der HWZ am Institute for Digital Business wurde der Krise gewohnt locker und professionell begegnet: von Anfang an wurde auf Zoom gesetzt und meine jeweiligen Kurs-Halbtage zu Privacy, zu Digital Skills und zu Cyberpsychology liefen daher erstaunlich angenehm. Schweren Herzens mussten wir die Studienreise in die USA absagen, deren Boston-Tage ich geleitet hätte. Ein Highlight war die Zusammenarbeit mit dem Departement Gesundheit der ZHAW, für deren Studierende ich das E-Learning-Modul «Medienpsychologie und digitale Kommunikation» entwickelte. Obwohl noch 2019 verfasst, passte es, dass mein Buchkapitel «10 Thesen zu Bildung und Digitalisierung» ausgerechnet im Corona-Jahr 2020 veröffentlicht wurde. An der Universität Basel durfte ich im November Digital Teaching ohne Home-Office erleben: Es ist ein gespenstisches Gefühl, alleine im einem riesigen Hörsaal zu stehen, in die eine Kamera mit Studierenden live zu kommunizieren und von einer anderen Kamera ganz oben im Hörsaal für ein Video gefilmt zu werden (zum Video). 🧑💼📱 Digital Business und Engagement Grosse Freude bereitete mir als Verwaltungsrätin, dass die Digitalagentur Feinheit AG so gut aufgestellt ist, dass sie das Krisenjahr mit Bravour gemeistert hat. Dass es nicht allen Branchen und Organisationen so gut lief und was die fortschreitende Digitalisierung der Arbeitswelt im Corona-Jahr mit sich brachte, zeigt der Connecta-Dokumentarfilm, an dem ich mitwirken durfte. Ehrenamtlich engagiere ich mich für den Verein AlgorithmWatch Schweiz, den wir im Sommer zu dritt gegründet haben. What‘s next? Mein Herzblutthema, digitale Technologien nützlich zu machen und gleichzeitig Risiken zu minimieren, hat Hochkonjunktur. Es bleibt mir dabei ein wichtiges Anliegen, Brücken zwischen Wissenschaft und Praxis zu schlagen. Ich freue mich sehr, auch 2021 mit verschiedenen Hochschulen und Universitäten zusammenzuarbeiten und als externe Dozentin eigene Vorlesungen, Seminare und Module zu digitalen Medien und Digitalisierung, Gesellschaft und Arbeitswelt zu unterrichten. 2021 geplant sind je ein Semesterkurs an den Universitäten Basel und St. Gallen (corona-bedingt online), verschiedene Module an der HWZ, an der PHZH, der ZHAW. Daneben führe ich meine Zusammenarbeit mit Speakers.ch fort und referiere für verschiedene Firmen und Organisationen über Digitalthemen. Dazu kommen neue Beratungsmandate im Bereich digitale Transformation für Firmen und Organisationen. 2021 kann losgehen – ab sofort ganz von meinem digitalen Zuhause auf den Kokosinseln GENNER.CC aus! 🌴🚀
1 Comment
|
Sarah Genner, PhD, is a digital expert, keynote speaker, and board member. She is the owner of GENNER.CC, based in Zurich, Switzerland, and the Cocos Islands.
|