Die Japan-Reise war ein alter Traum. Das Land fasziniert mich in vieler Hinsicht: kulturell, kulinarisch, ästhetisch, aber nicht zuletzt natürlich technologisch. Zur Kirschblütensaison war es nach jahrelanger Planung der Reise so weit. Die Pandemie stand nicht mehr im Weg, die beruflichen Verpflichtungen hatte ich seit einem Jahr rund um die Reise herumgebaut, und damit konnte es endlich Richtung Osten gehen, ins Land der aufgehenden Sonne.
Dass mich der Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen technologisch faszinieren würde, hatte ich erwartet. Auch der Skytree, der 634 Meter hohe Fernseh- und Rundfunksendeturm in Tokio, hatte ich mir als ingenieurtechnisch beeindruckend vorgestellt und wurde nicht enttäuscht. Überrascht haben mich hingegen die zahllosen Stromkabel, die überirdisch das jeweilige Stadt- und Ortsbild prägen. Offenbar gibt es Bestrebungen, Stromkabel künftig mehr unterirdisch zu verlegen wie in Europa, aber in Tokio sei dies erst bei rund 8 Prozent der Fall. Vermutlich ist es einfacher, nach einem der zahlreichen Erdbeben, Stromkabel überirdisch zu reparieren. Was mir bekannt war: Getränkeautomaten sind in Japan zahlreich. Dass sie jedoch bis auf den abgelegensten Inseln oder sogar auf Bergen stets frisch befüllt und auch warme Getränke verfügbar sind, hat mich verblüfft. Man kann bar oder mit zahllosen Apps bezahlen – überhaupt ist Japan sehr inklusiv, was Bargeld und Bezahlmöglichkeiten betrifft. In einem Buchladen in Kyoto fand ich ein ganzes Regel mit Büchern zu Digitalthemen und natürlich auch zum grossen Hype ChatGPT und generative künstliche Intelligenz. Man wird auf Tafeln und Schildern immer wieder mal gemahnt, dass man nicht auf das Smartphone blicken soll mitten im Verkehr. Überhaupt scheint Japan mehr Warnungen und Regeln zu haben als anderswo. Diese sorgen jedoch insgesamt für angenehme Ordnung und ein reibungsloses Miteinander. Als Architektur- und Kunstfan kam ich natürlich voll auf meine Kosten. Seien es Gebäude in Tokio wie das ikonische V88 Building, das tolle Fuji-Museum von Stararchitekt Shigeru Ban oder auch japanisches Weltkulturerbe wie die berühmte Pagode in Kyoto oder die Tempel in Nara. Yoyoi Kusama ist auf der Kunstinsel Naoshima sehr präsent und hat in Tokio ein eigenes Museum. Meine Lieblingsbahnhöfe waren die kolossale Kyoto Station von Architekt Hiroshi Hara und die sehr kleine und hübsche Uno Station. Beeindruckt war ich zudem vom Museum in Hiroshima des berühmten Architekten Kenzo Tange und gefallen hat mir auch der Kyoto Tower, der einen tollen Blick über die Stadt der Tempel und Gärten bietet. Einige tiefgründige Gedanken über Mensch und Technik verlangte mir der Film «Oppenheimer» ab, den ich im Flugzeug geschaut hatte. Der frisch oscar-prämierte Film befasst sich mit der Entwicklung der Atombombe in den USA und deren Abwurf in Japan. Dass wir sowohl Hiroshima und Nagasaki besuchten, machte die Auseinandersetzung mit der Frage, wann dem Menschen die technologische Entwicklung entgleitet, um so drängender. Ob wir in Sachen künstlicher Intelligenz bereits so weit sind wie mit der Atombombe (wie dies einige behaupten), wage ich zu bezweifeln. Das Atomic Bomb Museum in Nagasaki fokussiert auf die Opfer, deren Geschichte bis heute fast unerträglich ist. Das Friedensdenkmal in Hiroshima, der Atomic Bomb Dome, ist eine sehr einprägsame Gedenkstätte. Nagasaki war während der historischen Abschottungsphase Japans das einzige Tor in den Westen. In dieser Stadt befindet sich auch das Gunkanjima Digital Museum, das interessante Einblicke in die Geschichte der Industrialisierung von Japan bietet und zudem per VR-Brille ein Besuch der Insel ermöglicht. Deutlich später als in anderen Jahren begann die Blütensaison in Japan. Die Kirschblüten und ihre Verehrung waren ein Motiv unserer Reise. Die Natur hatte jedoch auch sonst noch einige Höhepunkte zu bieten: die heissen Quellen in Beppu mit ihren natürlichen Farben, die Bambuswälder, die Hirsche und Bäume in Nara, die Seto Inland Sea mit ihren hübschen Inseln, der Vulkan Aso. Ein grosses Highlight in Tokio ist das Mori Building Digital Art Museum. Das Museum wird vom teamLab betrieben, einem internationalen und interdisziplinären Kunstkollektiv, das 2001 in Tokio gegründet wurde. Ich habe schon verschiedentlich Digitalkunst besichtigt, aber dieses Museum hat meine Vorstellungskraft gesprengt, was mit modernen Projektoren, raffinierter Programmierung und künstlerischer Inszenierung möglich ist. Man muss sich unbedingt frühzeitig um Tickets kümmern, am besten einige Wochen im Voraus. Zum Schluss besuchte ich noch Akihabara, das sogenannte Electric District. Akibahara gilt als das Herz des japanischen Elektronikhandels. Ich fühlte mich in die 1990er-Jahre zurückversetzt, weil die damals grossen Technologie-Brands immer noch gut vertreten, aber gefühlt in der Zeit stehen geblieben sind. So waren mir als Kind die Marken Sony, Panasonic, Nikon, Canon und Toshiba zum Beispiel sehr wohl bekannt. Inzwischen wirken die damaligen Top-Brands etwas angestaubt. Amüsiert habe ich mich über den Dream AI Interpreter, ein Gerät, das im Kontakt mit Touristinnen und Touristen oft verwendet wird, um sprachliche Hürden zu überwinden. Ebenfalls sehr präsent ist im Elektro-Viertel Tokios die Manga- und Animé-Kultur, mit der ich leider nicht so viel anfangen kann. Deutlich mehr Zugang habe ich zur Game-Kultur, die mit Nintendo und anderen Unternehmen ebenfalls stark japanisch geprägt ist. Am Sonntagnachmittag war die Hauptstrasse gesperrt und Akihabara glich einem Vergnügungsviertel mit vielen Elektronikshops, Manga-Merchandise und Maid-Cafés. Trotz regem Treiben auf der Strasse war es interessanterweise draussen leiser als in den Elektronik-Einkaufszentren, die ohrenbetäubend laut waren und einer regelrechten visuelle Reizüberflutung glichen. Die Japan-Reise war in vieler Hinsicht unvergesslich und ich könnte mich auf Wunsch auch ausführlich über die Esskultur, die Hygienevorstellungen, die Sprache und ihre Verschriftlichung, die Wirtschafts-, Kriegs- und Kolonialgeschichte auslassen. Oder was ich alles über verschiedene Kirschblüten gelernt habe. Aber ich beschränke mich auf ein Fazit mit Fokus auf Technologie:
Ich bin mir der Vorstellung aufgewachsen, dass Japan ein Blick in die technologische Zukunft biete. Einige der angesagtesten Elektronikmarken stammten in meiner Kindheit und Jugend aus Japan. Das galt auch für Games, die wir spielten. Aus der Ferne hatte ich beobachtet, wie in den USA Technologie-Firmen wie Microsoft, Apple und Google dominant wurden und auch im Hardware-Bereich Samsung und Apple japanische Konkurrenz problemlos ausstachen. Mir war jedoch klar, dass Robotik im Land eine andere Rolle spielt als anderswo: Es werden nämlich keine hitzigen Debatten geführt, dass Roboter und künstliche Intelligenz Jobs stehlen, sondern sie werden als nützliche Helferlein gesehen, die durchaus auch mal im Restaurant Getränke und Essen bringen. Auch die Robotik-Forschung ist immer noch im Spitzenbereich anzusiedeln, aber insgesamt hat Japan gegenüber China und den USA massiv an Marktanteilen verloren und kann seit 1990 nicht mehr so richtig an die einstigen wirtschaftlichen und technologischen Erfolge anknüpfen. Beeindruckt war ich von Ingenieurskunst im Bereich Eisenbahn (Shinkansen) und erdbebensicherer Architektur. Für ein hochmodernes Land fand ich es überraschend, so viele Stromkabel zu sehen, die ich sonst eher aus Ländern mit rudimentärer Infrastruktur kenne. Dass wir auch sehr alte Trams angetroffen haben, die auf dem gleichen Netz wie moderne Trams fahren, war verwunderlich. Man scheint in Japan stolz darauf, Tradition und Moderne miteinander zu verweben. Am meisten bleibt mir, dass Japan technologisch nicht auf Disruption, sondern auf Integration setzt. Es geht nicht darum, mit Technologie bestehende Prozesse zu ersetzen, wie dies im Silicon Valley oder in China eher praktiziert wird. Es geht nicht darum, Bargeld oder Papier an sich abzuschaffen, sondern mit neuen technologischen Möglichkeiten Prozesse zu erweitern, ohne Bewährtes über Bord zu werfen. Sowohl Bargeld wie auch Papier waren für mich überraschend präsent. Ich erhielt den Eindruck, dass der japanische Ansatz eher userzentriert und prozessorientert ist als viele Digital-Only-Strategien, die bei uns als modern gelten. Auch wenn es für die Betreiber von Getränkeautomaten und im öffentlichen Verkehr effizienter wäre, nur digitale Bezahlmöglichkeiten anzubieten, bleibt Cash eine beliebte Option. Der Fokus liegt auf möglichst effizienten Abläufen, die niemanden ausschliessen, technologisch Neues kommt ergänzend dazu, statt Vorheriges gezwungenermassen zu ersetzen. So kam es ganz unerwartet, dass ich meine persönliche Herangehensweise an Technologie in Japan wiedergefunden habe: Freude an neuer Technik, aber immer die User und den Prozess im Blick und gerne auch einmal eine bewährte alte Technologie beibehalten, statt alles Bestehende mit einer noch unausgereiften digitale Technologie ersetzen. Danke, Japan!
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✨ FROHE FESTTAGE ALLERSEITS! 🎄🥳
🤩 Obwohl ich nie von der Selbstständigkeit geträumt hatte, bin ich sehr dankbar für ein weiteres beruflich erfüllendes Jahr. 🙏 Vielen Dank an meine Kund:innen und alle anderen, mit denen ich zusammenarbeiten, kooperieren und mich austauschen durfte! —-- ✨ EINIGE HIGHLIGHTS VON 2023 ✨ 👩💼 Aus GENNER.CC wird die GENNER.CC GMBH. 🤗 🗣️ Zahlreiche Keynotes, Weiterbildungen und Workshops rund um die digitale Arbeitswelt, New Work und Künstliche Intelligenz im ganzen Land und online auch im Ausland. Danke an alle, die mich eingeladen haben! Und danke an die Agentur speakers.ch AG, Esther Girsberger und Begonia Diez! 🧑🏫 Die Freude an ganz unterschiedlichen Lehrveranstaltungen zu Digitalthemen an Hochschulen und Universitäten wie Universität Basel, Université de Fribourg/Universität Freiburg, ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Pädagogische Hochschule Zürich. 👩🎓 Den Absolvent:innen des Pionierlehrgangs CAS New Work ihre Diplome überreichen und einen zweiten Lehrgang durchführen. Merci, Manuel P. Nappo und HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich. 🎧 Den Podcast DIETHELM & GENNER zu Themen rund um Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft starten. Danke, Cornelia Diethelm! 👩🏫 Den LinkedIn-Kurs zu »Future Skills« in der Arbeitswelt 4.0 mit Dr. Kathrin Harteis in den LinkedIn-Studios in Graz aufnehmen. Danke, Thomas Pohlmann und Bernhard Sommer und viele weitere! ♟️Die angenehme Zusammenarbeit in den drei strategischen Gremien, denen ich angehöre: dem Verwaltungsrat der Siedlungsgenossenschaft Sunnige Hof, dem Verwaltungsrat der Kommunikations- und Digitalagentur Feinheit, dem Vorstand von AlgorithmWatch CH. 🤓 Weiterbildungen und Konferenzen: - University of Virginia Darden School of Business: Weiterbildung für Hochschuldozierende - Metaforum SommerCamp GmbH: Weiterbildung in Organisationsentwicklung und Coaching - Berkman Klein Center for Internet & Society at Harvard University: Jubiläumskonferenz mit zahlreichen Sessions zu Digitalisierung und Künstliche Intelligenz 📚 Drei Buchkapitel sind erschienen: 1 »Digitale Erreichbarkeit im Rahmen von New Work«: Danke, Inka Knappertsbusch! 2 »Digital Leadership — Digital Skills«: Danke, Nicole Wespi und weiteren! 3 »Relevant in der Nische« – Digitale und andere Transformationen der Zürcher Studierendenzeitung von 1923 - 2023: Danke, Michael Kuratli und weiteren! Ein weiteres Buchkapitel erscheint Anfang 2024. 🤓 Frohes Feiern! 🎄✨ Verschiedene Technologie-Unternehmen streben an, eine so genannte «Artificial General Intelligence» zu erschaffen. Würde das gelingen, dann wäre der Moment der «Singularität» erreicht. Mit Singularität wird ein hypothetischer Zeitpunkt in der Zukunft beschrieben, an dem Künstliche Intelligenz die menschliche Intelligenz übertrifft. In einzelnen Bereichen ist das längst der Fall. Aber wie weit sind wir von dem Zeitpunkt entfernt, dass eine Maschine sämtliche Formen menschlicher Intelligenz überholen könnte? Um sich dieser Frage anzunähern, lohnt sich ein genauerer Blick darauf, was denn menschliche Intelligenz ausmacht. Das nützlichste Modell stammt von Howard Gardner aus seiner Theorie multipler Intelligenzen. Dort wird sichtbar, dass sich menschliche Intelligenz in zahlreiche Dimensionen aufteilen lässt. Künstliche Intelligenz kann Menschen im Bereich der logisch-mathematischen Intelligenz leicht überflügeln. Auch im Bereich der linguistischen und der musikalischen Intelligenz hat Künstliche Intelligenz massive Fortschritte gemacht, wenn man an Tools wie ChatGPT und Software zur Erzeugung von Musik denkt. Und doch deckt auch das sprachlich hochbegabte ChatGPT nur einen beschränkten Anteil linguistischer Intelligenz ab. ChatGPT kann zwar viele Sprachen mehr als fliessend und mag einigen Native Speakern grammatikalisch und orthografisch deutlich überlegen sein. ChatGPT kann erstaunlich gute Gedichte, Liebesbriefe und Gebrauchsanweisungen in Sekundenschnelle texten. Von der Bedeutung von Begriffen sowie kulturellen Aspekten, die mit menschlicher Sprache untrennbar verwoben sind, hat ChatGPT jedoch herzlich wenig Ahnung. Das Sprachmodell berechnet auf der Basis eines riesigen Datenbergs, was das nächste wahrscheinliche Wort ist.
Ähnlich verhält es sich bei der musikalischen Intelligenz: Verschiedene Tools können Musik im Stil von Bach, Mozart oder anderen Komponisten schreiben, weil sie mit entsprechenden Trainingsdaten ausgestattet wurden. Heisst es, dass diese KI-Tools wirklich kreativ sind oder dass sie vor allem gut darin sind, Collagen aus bestehenden Daten zu erstellen? Kritische Stimmen nennen Sprachmodelle wie GPT «stochastische Papageien». Das bedeutet, dass diese Tools auf Basis von Wahrscheinlichkeitsberechnungen gut nachplappern können, was andere bereits geschrieben haben. Auch das ist gewissermassen intelligent, aber vielleicht nicht ganz so intelligent wie ein Mensch, der eigens formulierte Sätze mit Bedeutung anreichern und mitfühlend auf einen anderen Menschen eingehen kann. Gerade soziale (inter-personal intelligence) und emotional-reflexive (intra-personal intelligence) bleiben Maschinen verborgen. Das gilt auch für die existenzielle Intelligenz im Kontext grosser Sinnfragen des Lebens. Insofern bleibe ich mehr als skeptisch, dass der Moment der Singularität direkt vor der Tür steht und dass Maschinen Menschen (in allen Dimensionen menschlicher Intelligenz) überhaupt jemals überholen werden. ⚡️ Future Skills für die digitale Arbeitswelt: Der LinkedIn-Learning-Kurs, den ich mit Dr. Kathrin Harteis entwickelt habe, ist nun verfügbar und einige haben ihn schon mit einem Zertifikat abgeschlossen.
🧑💻 Der Kurs ist für alle gedacht die sich über relevante berufliche Kompetenzen im digitalen Wandel einen Überblick verschaffen und etwas über Digital Leadership lernen wollen. 🧑🏫 Hier geht es zum Kurs: https://lnkd.in/et3F8Haz 🙏 Im März haben wir in Graz in den LinkedIn-Learning-Studios die Lernvideos aufgenommen, nachdem wir einige Monate im Voraus den Kurs inhaltlich entwickelt hatten. Danke allen, die es ermöglicht haben, dass der Kurs produziert werden und nun online gehen konnte, allen voran Thomas Pohlmann, Bernhard Sommer, Gregor Verdovsek und vielen weiteren bei LinkedIn Learning. Und vielen Dank an Kathrin Harteis für die Zusammenarbeit. Wofür fliesst dein Herzblut? In der Alltagshektik und inmitten unserer Pflichten kann man schnell vergessen, was unsere wahren Leidenschaften sind. Seit vielen Jahren begeistert mich die japanische Lebensphilosophie «Ikigai». Ikigai beschreibt die Schnittstelle von vier wichtigen Aspekten des Lebens:
Ikigai repräsentiert die ideale Schnittmenge dieser vier Elemente. Gemäss dem japanischen Konzept fühlen Menschen, die ihr Ikigai gefunden haben, eine tiefe Zufriedenheit und Erfüllung in dem, was sie tun. Ikigai betont die Wichtigkeit, eine Balance zwischen Freude, Beruf und Berufung zu finden, um ein erfülltes Berufsleben zu führen. Selbstverständlich wäre es vermessen zu glauben, dass alle ihr Ikigai finden und leben können. Es ist ein Privileg, sich im Berufskontext überhaupt Sinnfragen stellen zu können. Viele arbeiten, um zu überleben und ihre Miete und Lebenskosten zu decken. In einer postmateriellen Gesellschaft wie in der Schweiz rücken Fragen rund um Beruf und Berufung in den Vordergrund. Wir verbringen viel Zeit mit Arbeit und viele wünschen sich, ihre Leidenschaft und Motivation beruflich einbringen zu können.
Gerade auch im Kontext von New Work kann die Auseinandersetzung mit dem persönlichen Ikigai sinnvoll sein. Beim Entwickeln eines gemeinsamen Firmen-Purpose kann Ikigai als hilfreiche Methode dienen, die deutlich macht, an welcher Stelle persönliche Visionen und Missionen auch auf den Purpose der Organisation einzahlen und wie ein Team noch besser an einem Strick ziehen kann. Herzlich willkommen bei ▪️ DIETHELM & GENNER ▪️ dem neuen Podcast zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf Wirtschaft und Gesellschaft. 📱🧑💻👂🎧
Cornelia Diethelm und mich verbindet vieles, in erster Linie eine Faszination für digitale Technologien und deren sinnvollen Einsatz. Darüber werden wir regelmässig sprechen, jedenfalls so lange es uns Spass macht und uns einige zuhören. 😊 Hier findet ihr bereits den Trailer. Und hier gibt es alle Episoden im Überblick. Überall, wo es Podcasts gibt, könnt ihr uns abonnieren. 👂 Der Hype um ChatGPT und weitere generative künstliche Intelligenz (wie Dall-e, Midjourney, Stable Diffusion, Bard) war in den letzten Monaten enorm.
Persönlich habe ich grosse Freude am Testen dieser Tools und bin begeistert von der Eloquenz des Textroboters ChatGPT, auch wenn er es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Gleichzeitig werden die Potenziale und Risiken von vielen derzeit auch überschätzt. Insbesondere die beliebte Prognose, dass dadurch viele Jobs verloren gingen, halte ich für masslos überzogen. Als Inspirationstool und eine Art sprachlichen Taschenrechner halte ich ChatGPT für sehr nützlich. Ich freue mich, dass ich bei mehreren Organisationen Weiterbildungen zum Thema Künstliche Intelligenz durchführen kann. Dabei hoffe ich, Ängste abzubauen und gleichzeitig zu motivieren , Künstliche Intelligenz als Chance zu begreifen und spielerisch damit zu experimentieren. Es sieht nach einer idyllischen New-Work-Szene vor einem Auftrag am frühen Abend in Glarus aus:
Arbeiten am Klöntalersee in der Wiese mit unfassbar schöner Aussicht. Kein Problem mit Laptop, Daten-Flatrate und gutem 5G-Empfang. In der Realität plagten mich Insekten und bald darauf kam ein Sturm und ich musste im Restaurant Unterschlupf suchen bis mich das Postauto in die Kantonshauptstadt zu meinen Auftraggebern brachte. Trau keinem Bild, das du nicht selbst geschönt inszeniert hast! 2022 war für mich beruflich ein erfüllendes Jahr. Dafür bin ich umso dankbarer, weil die Weltlage mit einem zusätzlichen schlimmen Krieg und der noch immer nicht ganz ausgestandenen Pandemie alles andere als erfreulich ist. Meine Selbstständigkeit und die Digitalisierung ermöglichen mir, den Traum vom mobilen Arbeiten zu leben. Obwohl ich die meiste Zeit in Zürich und der Schweiz war, unterwegs bei Kundinnen und Kunden oder an Hochschulen und Universitäten für Lehraufträge, habe ich auch mehrfach ein paar Tage vom Ausland aus gearbeitet. Das macht Freude und birgt natürlich das Risiko, das ich auch in meinem Buch ON/OFF untersucht hatte: dass die Erholung angesichts ständiger digitaler Erreichbarkeit zu kurz kommt. Daher arbeite ich bewusst vier Wochen pro Jahr gar nicht – ob unterwegs oder nicht. Ich freue mich über die Vielfalt an Tätigkeiten, die mir meine Selbstständigkeit ermöglicht: Sie reichte wieder von Lehre, Weiterbildung, Referate, Beratung, Führung, Schreiben bis hin zum Coaching. Das verbindende Element aller meiner Tätigkeiten sind und bleiben die Auswirkungen digitaler Technologien auf Mensch, Gesellschaft und Arbeitswelt. Am allermeisten gefreut hat mich, dass mein neuer Lehrgang CAS New Work an der Hochschule für Wirtschaft Zürich zustande gekommen ist und erfolgreich läuft. Im September 2023 starten wir bereits in die zweite Runde des Lehrgangs! Was vermutlich langfristig am sichtbarsten bleiben wird von diesem Jahr ist mein TEDx-Talk, der erst in den letzten Tagen online geschaltet wurde. Der 12-minütige Talk dreht sich um das Thema "The Digital Good Life" und fragt nach dem guten Leben im Zeitalter digitaler Technologien und künstlicher Intelligenz. Vielen Dank allen Kund:innen, allen Projekt- und Kooperationspartner:innen und allen inspirierenden Menschen, die mir 2022 begegnet sind!
Beste Wünsche und HAPPY NEW YEAR! Was bedeutet «New Work» konkret? Die laufend zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt und die Pandemie obendrauf: All dies führt zu einem regelrechten Hype von «New Work». Viele arbeiten mobiler und flexibler denn je, von zuhause aus, nomadisch, jedenfalls alles andere als täglich von 9 bis 5 an ihrem fixen Platz im Büro. All dies wäre nicht möglich ohne schnelles, erschwingliches und mobiles Internet und leistungsfähige, tragbare Geräte. Doch ist das schon New Work? Vor einigen Jahren war häufiger die Rede von Future of Work, Zukunft der Arbeit und Arbeitswelt 4.0: Arbeit im digitalen Wandel. Aus der dominierenden IT-Branche heraus verbreiteten sich Trends: beispielsweise im Projektmanagement (Scrum) und für Organisationsformen (Holacracy). New Work als Megatrend New Work taucht beim renommierten Zukunftsinstitut als einer der 12 Megatrends auf und überschneidet sich auf interessante Weise mit anderen Megatrends wie Konnektivität, Mobilität, Wissenskultur und Silver Society (Megatrend-Map). Als zentrale Aspekte von New Work führt das Zukunftsinstitut zum Beispiel auf: Remote Work, Work-Life-Blending, Lifelong Learning, Coworking, Sinnökonomie, Startup Culture und Digital Literacy. In der Pandemie zeigte sich, dass das Thema «Arbeitsorganisation / New Work» für Personalverantwortliche zur Priorität Nummer 1 wurde (Studie People & Organization 2020). Die Pandemie und der Fachkräftemangel haben für viele Mitarbeitende auch die Sinnfrage wieder mehr an die Oberfläche gebracht. Wenn Firmen und Organisationen sich um Mitarbeitende bemühen müssen, können sich einige die Frage stellen: Passt das noch für mich? Damit wurde auch die Haltung von Frithjof Bergmann, dem Begründer der New-Work-Bewegung wieder aktueller. Für Bergmann standen Werte wie Autonomie, Freiheit, Partizipation, Kreativität und persönliche Entfaltung im Vordergrund. Hauptziel: attraktives Arbeitsumfeld Die Auseinandersetzung mit New Work ist ein Privileg. Viele Menschen, in der Schweiz und anderswo ohnehin, haben schlicht nicht die Möglichkeit, sich in Bezug auf Arbeit Sinnfragen zu stellen oder haben sehr wenig Gestaltungsmöglichkeiten. Daher steht für mich folgende Frage im Zentrum der Auseinandersetzung mit New Work: Wie können wir für möglichst viele die Arbeitsbedingungen verbessern und ein attraktives Arbeitsumfeld schaffen? Das ist aus meiner Sicht das wichtigste Ziel aller Bemühungen rund um New Work. Viele New-Work-Projekte sprechen Budgets für die technologische Aufrüstung eines Digital Workplace oder für ansprechende Büro-Einrichtungen. Eine gute IT-Infrastruktur ist wichtig und ein gemütliches Büro kann motivierend wirken. Am Ende des Tages zählt jedoch vor allem auch eine wertschätzende Führung und eine konstruktive Arbeitsatmosphäre. Denn kein digitales Tool und kein fancy Büro schlägt ein Team, das motiviert und zuverlässig am gleichen Strick zieht. Ein zentraler Faktor für Arbeitszufriedenheit bleibt für viele Mitarbeitende die Beziehung zu den direkten Vorgesetzten. Daher sind Leadership- und Kultur-Themen aus meiner Sicht eng verknüpft mit New Work. Möglichst viel Selbstorganisation wird dabei oft gefordert. In stark wissens- oder beratungsgetriebenen Branchen und Organisationen ist ein hoher Grad an Selbstorganisation tatsächlich motivierend. Dennoch ist diese bei weitem nicht in allen Kontexten und Branchen gewünscht und sinnvoll. Gerade bei sog. High Reliability Organizations (HRO) wie Krankenhäuser, Fluggesellschaften oder im Sicherheitsbereich ist Selbstorganisation wenig praktikabel, aber auch dort kann eine wertschätzende und partizipative Führungskultur ein attraktives Arbeitsumfeld ermöglichen. Eine Organisationsform muss vor allem auch zur Belegschaft und der Tätigkeit passen. New Work konkret Was bedeutet New Work nun konkret? Dazu gibt es etwa so viele Meinungen wie Köpfe. Persönlich vertrete ich eine relativ pragmatische Haltung und habe acht Ziele festgehalten, an welchen man in Organisationen im Rahmen von New-Work-Projekten ganz konkret arbeiten kann: Bei aller Lust auf das Neue: Viele Grundsätze von guter Arbeit und Zusammenarbeit haben sich nicht bahnbrechend gewandelt. Das zeigt beispielsweise die Auflistung des Künstler-Duos Fischli/Weiss «How To Work Better», die sie (inspiriert von einer thailändischen Liste) vor mehr als 30 Jahren an einer Zürcher Hauswand angebracht haben. Inzwischen hat sich die Liste zu einem Meme entwickelt: Sarah Genner ist Digitalexpertin, Speakerin und Beraterin. Sie ist spezialisiert auf die gesellschaftlichen und psychologischen Auswirkungen digitaler Technologien. Zudem ist sie Studiengangsleiterin des CAS New Work am Institute for Digital Business an der HWZ – Hochschule für Wirtschaft Zürich.
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Sarah Genner, PhD, is a digital expert, keynote speaker, and board member. She is the owner of GENNER.CC, based in Zurich, Switzerland, and the Cocos Islands.
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